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Fallbeispiele Gesellschaftsrecht - Falllösung


Fall 4

X, Y und Z haben zusammen einen Softwarehandel in der Form einer OHG eröffnet, dass sie unter gemeinsamer in das Handelsregister eingetragener Firma betreiben. Daneben bieten sie auch die Erstellung von Software an. A beauftragt bei X die Herstellung einer Abrechnungssoftware für seinen Getränkevertrieb. Dieser sagt im Namen des gemeinsamen Unternehmens die Erstellung zu. Nachdem X die Software im EDV-System des A installiert hat, zahlt dieser den verlangten Werklohn von 1.200 €. Bei der ersten Inbetriebnahme bricht jedoch das gesamte System zusammen. Hierdurch werden unwiederbringliche Betriebsdaten des A, aber auch die Abrechnungssoftware selbst zerstört.

Von wem kann A Rückzahlung des Werklohns und Ersatz des entstandenen Schadens in Höhe 12.500 € verlangen?


Formulierungsvorschlag Fall 4



1. Ansprüche des A gegen die X, Y und Z-OHG


1.1 Anspruch auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung in Höhe von 1.200 € gem. §§ 634 Nr. 4, 280, 281, 31 BGB, 124 I, 125 I HGB

1.1.1 X, Y und Z haben sich zu einer OHG zusammengeschlossen, § 105 HGB. Es wird nicht nur der Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sein (§ 105 I i.V.m. § 1 ff. HGB), sondern die OHG ist auch als solche im Handelsregister eingetragen (§ 105 II HGB).

1.1.2 Ein Vertrag zwischen A und der aus X, Y und Z gebildeten OHG, vertreten gem. § 125 HGB durch X, ist wirksam zustande gekommen. Für die Erstellung von Individualsoftware ist die Anwendung von Kaufrecht (§ 433 BGB) über die Regelung des § 651 BGB oder von Werkvertragsrecht (§ 631 BGB) umstritten. Da bei der Erstellung von Software nicht die Übergabe des auf einem Datenträger verkörperten Daten als beweglicher Sache, sondern die Erstellung eines geistigen Werkes (§ 69a III UrhG) im Vordergrund steht, spricht mehr für die Anwendung von Werkvertragsrecht.

1.1.3 Das zu erstellende Werk, eine auf die Bedürfnisse des Unternehmens von A zugeschnittene Individualsoftware, ist wegen der Inkompatibilität mit dem bestehenden EDV-System des A mangelhaft, § 633 I, II 2 Nr. 1 BGB. Hierin liegt eine Pflichtverletzung gem. § 280 I 1 BGB.

1.1.4 Eine nach § 281 I 1 BGB erforderliche Fristsetzung war entbehrlich, weil nach Zerstörung der Software und angesichts der weitergehenden Beschädigung des gesamten EDV-Systems von A eine sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs nach Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt war (§ 281 II 2. Alt. BGB). Es ist auch vertretbar, dass A aufgrund der erheblichen Schäden eine Nacherfüllung unzumutbar ist (§ 636, 3. Alt. BGB).

1.1.5 Ob nach der Schuldrechtsreform für den Schadensersatzanspruch nach §§ 280 I 1, 631 BGB die Abnahme gem. § 640 BGB erforderlich ist, ist unklar. Jedenfalls liegt die Abnahme in der Zahlung des Werklohns nach Installation der Software.

1.1.6 Die Haftung der OHG ergibt sich nicht daraus, dass sie die Fahrlässigkeit des X als ihrem geschäftsführendem Gesellschafter als Erfüllungsgehilfe gem. §§ 276 I 1, 278 I 1 BGB zu vertreten hätte. Wegen der persönlichen Haftung der OHG-Gesellschafter gem. § 128 Satz 1 HGB will der X mit der Erstellung der Software auch eine eigene Verbindlichkeit erfüllen. Zudem ist der geschäftsführende Gesellschafter nicht selbst Erfüllungsgehilfe, sondern der verfassungsmäßig berufene Vertreter der OHG gem. § 31 BGB analog. Die Funktionen des Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB und des verfassungsmäßig berufenen Vertreters gem. § 31 BGB schließen sich gegenseitig aus, da unterschiedliche Verantwortungsregeln in beiden Fällen vorgesehen sind. Die Stellung des geschäftsführenden Gesellschafters einer OHG ist mit dem des Vorstands eines Vereins vergleichbar, so dass eine analoge Anwendung des § 31 BGB möglich ist. Die Erstellung der schadensstiftenden Software steht im Zusammenhang mit der Geschäftsführung durch X. Die Beweislast für das Verschulden trägt angesichts der Gefahrenbereiche der Unternehmer.

1.1.7 Gem. § 280 I 1 BGB ist der durch die Pflichtverletzung entstandene Schaden zu ersetzen. Der früher bestehende Streit, ob durch den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung (§ 635 BGB a.F.) auch Mangelfolgeschäden erfasst sind, ist damit obsolet geworden. A kann sowohl den Werklohn i.H.v. 1.200 € als auch den weitergehenden Schaden i.H.v. 12.500 € ersetzt verlangen.

1.1.8 Zwischenergebnis: A kann von der OHG gem. §§ 634 Nr. 4, 280, 281, 31 BGB, 124 I, 125 I HGB Zahlung von 13.700 € verlangen.

1.2 Anspruch des A gegen die OHG auf Schadensersatz gem. §§ 823 I, 31 BGB, 124 I HGB

1.2.1 Die Installation der mit dem EDV-System des A inkompatiblen Software hat Betriebsdaten des A unwiederbringlich zerstört und damit dessen Eigentum verletzt. Der gezahlte Werklohn stellt dagegen nur einen Vermögens-schaden dar, der nicht über § 823 I BGB ersetzt verlangt werden kann.

1.2.2 Die Eigentumsverletzung beruht auf der adäquat kausalen Handlung des X, der Installation der inkompatiblen Software. Diese Handlung steht auch im Zusammenhang mit der Geschäftsführung durch den geschäftsführungsbefugten X. Daher haftet die OHG gem. § 823 I BGB i.V.m. § 31 BGB analog für den dem A zugefügten Schaden.

1.2.3 Die OHG haftet dem A für den an seinen Betriebsdaten und dem EDV-System entstandenen Schaden i.H.v. 12.500 € gem. §§ 823 I, 31 BGB, 124 I HGB.

1.3 Ein Anspruch des A gegen die OHG auf Schadensersatz gem. § 831 I 1 BGB scheidet aus, da X als Gesellschafter der OHG nicht weisungsabhän-gig und damit kein Verrichtungsgehilfe der Gesellschaft war.

2. Gem. §§ 128 Satz 1, 124 I HGB haften X, Y und Z als Gesellschafter der OHG für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich.

3. X haftet weitergehend dem A persönlich gem. § 823 I BGB für den verursachten Eigentumsschaden.








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