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Pizza-Service - Lösungsvorschlag


Die PDF zu Fall 4 finden Sie hier!

Anspruch des R gegen H auf Ersatz der entstandenen Kosten gem. §§ 280 I, II, 286 I BGB

R könnte gegen H einen Anspruch auf Ersatz der entstandenen Kosten aus den §§ 280 I, II, 286 I BGB haben.

Dazu müssten ein Schuldverhältnis, eine Pflichtverletzung, ein kausaler Schaden, sowie die zusätzlichen Voraussetzungen des § 286 BGB vorliegen.

1. Schuldverhältnis


Am 20.03.16 wurde zwischen R und H ein Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB über den Ofen zum Preis von 10.000 Euro geschlossen.

Somit besteht zwischen R und H ein Schuldverhältnis.

2. Pflichtverletzung

H müsste zudem eine aus dem Schuldverhältnis resultierende Pflicht verletzt haben.

Der Begriff der Pflichtverletzung i.S.v. § 280 I BGB erfasst jedes objektiv nicht dem Schuldverhältnis entsprechende Verhalten.

Der Kaufvertrag verpflichtet den Verkäufer gem. § 433 I BGB zur Übergabe und Übereignung der Kaufsache zu einem nach § 271 I BGB vereinbarten Leistungszeitpunkt.

R und H vereinbaren, dass der Ofen ab Mai geliefert werden soll. H liefert erst am 16.06.16.

Somit beging H mit der verspäteten Übergabe und Übereignung des Ofens eine Pflichtverletzung gem. § 280 I BGB.

3. Zusätzliche Voraussetzungen für Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung gem. §§ 280 II, 286 BGB

Der Gläubiger kann jedoch gem. § 280 II BGB Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 286 BGB geltend machen.

B müsste sich daher gem. § 286 BGB im Schuldnerverzug befunden haben.

Unter Schuldnerverzug versteht man die schuldhafte Nichtleistung trotz Fälligkeit, Einredefreiheit und Mahnung.

Erforderlich ist dementsprechend Verzug des H mit einer Leistungspflicht aus dem Kaufvertrag.


a. Fälliger Anspruch


Zunächst müsste der Anspruch fällig geworden sein, § 286 I 1 BGB.


Die Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem an der Gläubiger die Leistung verlangen kann, der Schuldner sie also
erbringen muss. Die Bestimmung dieses Zeitpunktes erfolgt gem. § 271 I BGB anhand der konkreten vertraglichen
Vereinbarung oder aus den besonderen Umständen des Schuldverhältnisses. Lassen sich daraus keine Schlüsse
ziehen, wird § 271 I BGB direkt angewendet mit der Folge, dass die Leistung im Zweifel sofort fällig ist.


Die vertragliche Vereinbarung vom 20.03.16 benennt kein exaktes Datum für die Lieferung des Ofens. Es stellt sich
aber die Frage, ob die im Vertrag enthaltene Formulierung „erst ab Mai“ eine Zeitbestimmung i.S.d. § 271 I, II BGB
ermöglicht. Insoweit gilt, dass nach diesem Wortlaut der Gläubiger nach dem Willen der Parteien jedenfalls nicht vor
Erreichen des Monats Mai die Leistung verlangen kann. In Ermangelung weiterer Vereinbarungen ergibt sich im Übrigen
aber sonst keine zeitliche Begrenzung im Hinblick auf die Forderung des R.


R kann somit die Leistung grundsätzlich ab dem 01.05.2016 verlangen.


Nach § 193 BGB beginnt die Frist im vorliegenden Fall aufgrund des bundesweiten Feiertages am 01.05. erst am
folgenden Werktag, also dem 02.05.2016.


Der Anspruch des R gegen H auf Lieferung gem. § 433 I 1 BGB ist somit aufgrund der vertraglichen Vereinbarung ab
dem 02.05.2016 fällig i.S.d. § 271 I, II BGB.


b. Durchsetzbarer Anspruch


Dieser Anspruch müsste zudem auch durchsetzbar sein. Dies bedeutet, dass keine Einreden entgegenstehen dürften.


R hat vorliegend den Ofen schon am 10.04.16 bezahlt und damit seine Leistungspflicht aus § 433 II BGB erfüllt. Die
Konsequenz daraus ist, dass dem H insbesondere kein Recht aus § 320 BGB mehr zusteht.


Der Anspruch des R auf Lieferung ist demnach auch durchsetzbar.


c. Mahnung, § 286 I 1 BGB


Des Weiteren müsste der Gläubiger den Schuldner gem. § 286 I 1 BGB nach Eintritt der Fälligkeit gemahnt haben.


Die Mahnung ist eine an den Schuldner gerichtete eindeutige und ernsthafte Aufforderung des Gläubigers, die Leistung
zu erbringen. Die Mahnung kann gem. § 286 I 2 BGB auch durch Klageerhebung oder durch einen Mahnbescheid
ersetzt werden.


Laut Sachverhalt hat R dem H am 15.05.16 ein Mahnschreiben zugestellt und dort auch darauf hingewiesen, dass er
die Lieferung dringend erwarte. Wie bereits festgestellt, ist die Fälligkeit bereit am 02.05.16 eingetreten.


Die erforderliche Mahnung nach Fälligkeit liegt damit vor.


d. Nichtleistung


H müsste zudem bei Fälligkeit nicht geleistet haben.


Wie bereits festgestellt, ist die Fälligkeit am 02.05.2016 eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt hat H noch nicht geleistet.


Somit liegt diese Voraussetzung vor.


d. Vertretenmüssen, § 286 IV BGB


Fraglich ist jedoch, ob den Schuldner ein Verschulden i.S.d. § 286 IV BGB trifft.


Gem. § 286 IV BGB kommt der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt,
den er nicht zu vertreten hat.


Das Vertretenmüssen selbst richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 276-278 BGB. Insoweit gilt nach §
286 IV BGB eine Beweislastumkehr zugunsten des Gläubigers. Der Schuldner muss demzufolge aktiv die zu seiner
Entlastung führenden Umstände darlegen und beweisen.


H hat hier wahrheitsgemäß erklärt, der Ofen sei am 25.05.16 bei einem Einbruch von einem Unbekannten beschädigt
worden und habe dann erst wieder instand gesetzt werden müssen. Es fragt sich, ob diese Erklärung tatsächlich eine
Entlastung darstellen kann. Wenn dem so ist, tritt kein Verzug ein und ein Ersatzanspruch des R wäre zumindest nach
den §§ 280 I, II, 286 BGB ausgeschlossen.


Ein Unbekannter beschädigte den von R bestellten Ofen, als er bei H eingebrochen ist. Bei einer von einer anderen
Person vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführten Beschädigung liegt kein Verschulden des Opfers vor. Somit trifft
den H an der Beschädigung des Ofens kein Verschulden i.S.d. §§ 276-278 BGB.


Gem. § 286 IV BGB muss sich das Vertretenmüssen allerdings auf den Umstand beziehen, aufgrund dessen die
Leistung unterbleibt. Das Vertretenmüssen i.S.d. § 286 IV BGB bezieht sich damit ausschließlich auf die die
Verspätung der Leistung begründenden Umstände. Es kommt also im Rahmen des § 286 IV BGB nur darauf an, ob der
Schuldner den Eintritt des Verzuges zu vertreten hat. Wichtig ist hierbei die Regelung des § 287 S. 2 BGB, der besagt,
dass der Schuldner ab dem Zeitpunkt des Verzugseintritts auch für Zufall haftet. Ab dem Zeitpunkt des Verzugs spielt
ein Verschulden also keine Rolle mehr.


Im vorliegenden Fall ist Verzug am Tage der Zustellung der Mahnung, also am 15.05.16 eingetreten (§ 286 I 1 BGB).
Im Hinblick auf diesen Verzugseintritt hat H nichts erklärt, mithin auch keine möglichen Entlastungen i.S.d. § 286 IV
BGB geltend gemacht. Den Verzugseintritt hat er demnach, mangels aktiver Entlastung zu vertreten.


Seine entlastenden Erklärungen bezogen sich ausschließlich auf den danach folgenden Zeitraum, namentlich den
25.05.2016. Zu dieser Zeit befand sich H bereits in Verzug mit der Leistung. Die Erklärungen des H bleiben somit in
Bezug auf ein Vertretenmüssen des Verzuges nach § 286 IV BGB unberücksichtigt. Ein nach Eintritt des Verzuges
entstehender Entschuldigungsgrund beseitigt den Verzug nach dem Rechtsgedanken des § 287 BGB nicht.


Damit hat H den Eintritt des Verzuges nach § 286 IV BGB zu vertreten.


e. Zwischenergebnis


Die zusätzlichen Voraussetzungen für Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung gem. §§ 280 II, 286 BGB sind
somit erfüllt.

4. Kausaler Verzögerungsschaden und Höhe des Schadens

Fraglich ist, welche von R geltend gemachten Vermögenspositionen vom Verzögerungsschaden umfasst sind.

Der Verzögerungsschaden nach §§ 280 I, II, 286 BGB ist der Schaden, der dem anderen Teil dadurch entstanden ist, dass der Schuldner nicht rechtzeitig, sondern erst verspätet geleistet hat. Der Gläubiger muss gem. §§ 249 ff. BGB dann so gestellt werden, wie er bei rechtzeitiger Leistung gestanden hätte.


a. Mietkosten für Ersatzofen


Zunächst müsste festgestellt werden, ob die Kosten für die Miete des Ersatzofens ersetzt werden müssen.
Im vorliegenden Fall befand sich H seit dem 15.05.2016 im Verzug mit der Leistung. Der Verzug endet grundsätzlich
dann, wenn eine seiner Voraussetzungen wegfällt, unter anderem also mit der Vornahme der geschuldeten Leistung. H
hat am 16.06.2016 geliefert. Das Ende des Verzuges war somit am 16.06.16.


H hat den Ofen erst am 16.06.16 geliefert. Deshalb war R verpflichtet, einen Ofen vom 01.06.16 bis zum 15.06.16 zu
mieten. Dafür sind Kosten i.H.v. 1.500 Euro angefallen. Hätte H rechtszeitig geliefert, wäre er nicht in Verzug und dem
R wären keine Mietkosten entstanden.


Deshalb ist R so zu stellen, als hätte H rechtzeitig geliefert.


Somit liegt bei R durch die Miete des Ersatzofens ein Verzögerungsschaden i.S.d. §§ 280 II, 286 BGB i.H.v. 1.500
Euro vor.


b. Anwaltskosten


Fraglich ist jedoch, ob auch die Kosten des Anwalts, der die Mahnung geschickt hatte, im Rahmen des
Verzögerungsschadens über die §§ 280 II, 286 BGB ersetzt werden können.


Inwieweit dies der Fall ist, hängt insbesondere davon ab, wann die Kosten entstehen. In jedem Fall ersatzfähig sind die
Anwaltskosten, die während des Verzuges auftreten. So sind namentlich Mahn- oder Kündigungsschreiben eines
Rechtsanwaltes, die nach Verzugseintritt gefertigt werden, vom Schuldner zu ersetzen, wen sie der
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienen (Regelfall).


Nicht ersatzfähig sind hingegen die Kosten der Mahnung, die den Verzug nach § 286 I 1 BGB begründet. Diese Kosten
entstehen weder während noch durch den Verzug. Die Kosten der sogenannten „Erstmahnung“ unterliegen demzufolge
nicht der Schadensersatzpflicht aus den §§ 280 I, II, 286 BGB im Rahmen des Verzögerungsschadens. Sie sind vom
Gläubiger somit selbst zu tragen.


Laut Sachverhalt wird das Mahnschreiben am 15.05.16 zugestellt. Wie bereits festgestellt, begründet die Mahnung den
Verzug des H. Somit liegt hier ein Fall der „Erstmahnung“ vor. Die Kosten für eine solche Mahnung müssen von R
selbst getragen werden.


Somit können die Anwaltskosten i.H.v. 250 Euro im Rahmen des Verzögerungsschadens nach §§ 280 II, 286 BGB
nicht ersetzt werden.


c. Zwischenergebnis


Dem R ist ein Schaden i.S.d. § 280 I BGB entstanden. Allerdings kann er im Rahmen des Verzögerungsschadens nur
die Mietkosten für den Ersatzofen i.H.v. 1.500 Euro geltend machen.

5. Ergebnis

R hat gegen H einen Anspruch auf Ersatz der Mietkosten für den Ersatzofen i.H.v. 1.500 Euro aus den §§ 280 I, II, 286 I BGB.
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