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Das Biedermeierzimmer - Lösungsvorschlag


Die PDF zu Fall 6 finden Sie hier!

A. Anspruch K gegen V auf Nacherfüllung aus §§ 433, 434, 437 Nr. 1, 439 I BGB

K könnte gegen V einen Anspruch auf Nacherfüllung aus §§ 433, 434, 437 Nr. 1, 439 I BGB haben. Dies ist der Fall, wenn der Anspruch entstanden, nicht untergegangen und durchsetzbar ist.

I. Anspruch entstanden

Der Anspruch müsste zunächst wirksam entstanden sein. Dazu müsste ein Kaufvertrag geschlossen worden sein und ein Sachmangel bei Gefahrübergang vorliegen.


1. Kaufvertrag


Ein wirksamer Kaufvertrag über die Möbel zwischen V und K könnte gem. § 433 BGB zustande gekommen sein.


V hat sich mit K über den Verkauf der Möbel zum Preis von 10.000,- € geeinigt.


Somit ist ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen.


2. Sachmangel


Ferner müssten die Möbel einen Sachmangel im Sinne des § 434 I BGB aufweisen.


Nach § 434 I 1 BGB liegt ein Sachmangel vor, wenn die gekaufte Sache nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat.


Bei den Möbeln handelt es sich nicht um ein echtes Biedermeierzimmer, sondern um eine bloße Nachbildung aus dem
Jahr 1956. Den Möbeln könnte damit gem. § 434 I 1 BGB die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit fehlen.


Fraglich ist, ob das Merkmal „Biedermeierzimmer“ eine Beschaffenheit i.S.d. § 434 I 1 BGB darstellt.


Der Begriff der Beschaffenheit umfasst die Eigenschaften, die der Kaufsache unmittelbar physisch anhaften, aber
auch Umstände, die außerhalb der Sache liegen können.


Die Herkunft der gekauften Möbel aus der Epoche des Biedermeier ist ein für deren Wert maßgebliches Merkmal.
Damit handelt es sich beim Merkmal „Biedermeierzimmer“ um eine Beschaffenheit i.S.d. § 434 I 1 BGB.


Desweiteren müsste die Beschaffenheit zwischen V und K vertraglich vereinbart worden sein.


Vereinbarung über die Beschaffenheit bedeutet im Zweifel, dass die Parteien des Vertrages die Beschaffenheit der
Kaufsache zum Vertragsinhalt erklärt haben.


V hat die Möbelgarnitur in seiner Zeitungsanzeige als „Biedermeierzimmer“ angepriesen und ihr Alter mit 175 Jahren
angegeben. Bei Verkaufsgespräch erklärte K dem V, er möchte seine Wohnung mit echten Stilmöbeln ausstatten. K
wollte die Möbelgarnitur folglich nicht als Gebrauchsgegenstand erwerben, sondern es ging ihm gerade um deren
Eigenschaft als Originale einer bestimmten Epoche. Demzufolge ist die Beschaffenheit der Möbelgarnitur als echtes
Biedermeierzimmer zum Vertragsinhalt geworden und somit vereinbart worden.


Bei den Möbeln handelt es sich um bloße Nachbildungen von Biedermeiermöbeln. Den Möbeln fehlt damit die
vertraglich vereinbarte Beschaffenheit gem. § 434 I 1 BGB.


Somit liegt ein Sachmangel i.S.d. § 434 I BGB vor.


3. Gefahrübergang


Der Mangel müsste ferner auch bei Gefahrübergang vorgelegen haben.


Der Gefahrübergang erfolgt gem. § 446 S. 1 BGB mit Übergabe der Sache.


Die Möbel waren schon von Anfang an mit dem Mangel behaftet, sodass der Mangel auch bei Übergabe und damit bei
Gefahrübergang vorlag.


4. Zwischenergebnis


Der Anspruch des K gegen V auf Nacherfüllung aus §§ 433, 434, 437 Nr. 1, 439 I BGB ist entstanden.


II. Anspruch untergegangen

Der Anspruch auf Nacherfüllung könnte gem. § 275 I BGB wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen sein.

Dies ist zu bejahen, wenn die Nacherfüllung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist bzw. wenn der Leistungserfolg weder vom Schuldner, noch von einem Dritten herbeigeführt werden kann.

Aus den Möbeln aus dem Jahr 1956 können keine eichte Biedermeiermöbel gemacht werden. Eine Nacherfüllung durch die Beseitigung des Mangels ist deshalb unmöglich.

Eine Nacherfüllung in der Form der Lieferung einer mangelfreien Sache würde die Lieferung eines Original-Biedermeierzimmers bedeuten. Solche Möbel sind nirgendwo sonst erhältlich, wodurch V sie also nicht verschaffen kann. V kann dem K deshalb kein Original-Biedermeierzimmer liefern. Diese Form der Nacherfüllung ist dem V somit auch unmöglich.

Somit ist dem V die Nacherfüllung gem. § 275 I BGB unmöglich.

Der Anspruch ist untergegangen.


III. Ergebnis

K hat gegen V keinen Anspruch auf Nacherfüllung aus §§ 433, 434, 437 Nr. 1, 439 I BGB.



B. Anspruch des K gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 433, 434 I, 437 Nr. 2, 323 I, 326 V, 346 I BGB

K könnte gegen V einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 433, 434 I, 437 Nr. 2, 323 I, 326 V, 346 I BGB haben.

Hierzu müssten alle Tatbestandsmerkmale des Anspruchs vorliegen.


I. Wirksamer Kaufvertrag und Mangel der Kaufsache bei Gefahrübergang


Wie bereits festgestellt, haben K und V einen Kaufvertrag geschlossen. Die von K gekauften Möbel weisen einen
Mangel gem. § 434 I 1 BGB auf, der auch schon bei Gefahrübergang bestand.


II. Ausschluss des Nacherfüllungsanspruchs


Wie bereits festgestellt, ist der Nacherfüllungsanspruch gem. § 275 I BGB ausgeschlossen. Damit muss sich K nicht
auf den Vorrang der Nacherfüllung verweisen lassen, sondern kann sofort sein Rücktrittsrecht ausüben.


III. Erfolglose Fristsetzung


Fraglich ist, ob K dem V gem. §§ 437 Nr. 2, 323 BGB eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat und diese
erfolglos abgelaufen ist.


Aus dem Sachverhalt kann man nicht entnehmen, dass eine Frist seitens des K gesetzt wurde.


Somit liegt diese Voraussetzung nicht vor.


IV. Entbehrlichkeit der Fristsetzung


Die Fristsetzung könnte allerdings entbehrlich sein.


Gem. § 326 V BGB finden im Falle des § 275 BGB die Regelungen für den Rücktritt entsprechende Anwendung unter
der Voraussetzung, dass in dem Fall die Fristsetzung entbehrlich ist.


Weiter oben wurde das Vorliegen der Unmöglichkeit nach § 275 I BGB bejaht.


Somit ist die Fristsetzung entbehrlich.



V. Ausschluss des Rücktrittsrechts


Ausschlussgründe i.S.v. § 323 VI BGB sind hier nicht erkennbar.


VI. Ergebnis


K hat somit nach Ausübung seines Rücktrittsrecht einen Anspruch gegen V auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um
Zug gegen Rückgabe der Möbel aus §§ 433, 434 I, 437 Nr. 2, 323 I, 326 V, 346 I BGB.




C. Anspruch des K gegen V auf Minderung des Kaufpreises aus §§ 433, 434 I 1, 437 Nr. 2, 441 BGB


K könnte gegen V einen Anspruch auf Minderung des Kaufpreises aus §§ 433, 434 I 1, 437 Nr. 2, 441 BGB haben.

Hierzu müssten die folgenden Voraussetzungen vorliegen.


I. Wirksamer Kaufvertrag und Mangel der Kaufsache bei Gefahrübergang


Wie bereits festgestellt, haben K und V einen Kaufvertrag geschlossen. Die von K gekauften Möbel weisen einen
Mangel gem. § 434 I 1 BGB auf, der auch schon bei Gefahrübergang bestand.


II. Ausschluss des Nacherfüllungsanspruchs


Wie bereits festgestellt, ist der Nacherfüllungsanspruch gem. § 275 I BGB ausgeschlossen. Die Ausübung des
Minderungsrechts ist damit nicht durch den Vorrang der Nacherfüllung ausgeschlossen. Somit kann K wirksam sein
Minderungsrecht ausüben.


III. Bestehen des Rücktrittsrechts


Wie bereits festgestellt, besteht das Recht auf Rücktritt.


IV. Ergebnis


K hat gegen V einen Anspruch auf Minderung des Kaufpreises aus §§ 433, 434 I 1, 437 Nr. 2, 441 BGB.


Die Berechnung des geminderten Kaufpreises erfolgt gem. § 441 III BGB.



D. Anspruch des K gegen V auf Schadensersatz gem. § 280 I BGB

Auf den ersten Blick käme auch ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 I BGB in Betracht. Der Anspruch scheitert allerdings zumindest an dem fehlenden Verschulden des V (siehe Sachverhalt).


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