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Zulässigkeit energiewirtschaftlicher Tätigkeit durch Kommunen

am Beispiel des Thüringer Kommunalrechts


A. Anwendbarkeit
Bei der Bewertung von Handlungen einer Gemeinde ist zwischen der hoheitlichen und der nicht hoheitlichen Tätigkeit zu unterscheiden. Erfolgt die Handlung der Gemeinde als hoheitliche Tätigkeit, dann betrifft dies das öffentliche Recht und somit das allgemeine Verwaltungsrecht - und nicht das gemeindliche Wirtschaftsrecht. Das bedeutet, dass für die Anwendbarkeit der §§ 71 ff. ThürKO eine nicht hoheitliche Tätigkeit als Handlung der Gemeinde, Voraussetzung ist. Mit anderen Worten sind Vorschriften über kommunales Wirtschaftsrecht nur dann anwendbar, wenn eine nicht hoheitliche Tätigkeit vorliegt.

1. Außerhalb der allgemeinen Verwaltung (nichthoheitlich!)
Hier muss eine negative Abgrenzung vorgenommen werden. Kommunales Wirtschaftsrecht findet nur dann Anwendung, wenn eine nicht hoheitliche Handlung gegeben ist. Eine hoheitliche Maßnahme ist hingegen jedes zweckgerichtete Verhalten mit Erklärungsgehalt (auch konkludent), das kraft hoheitlicher Gewalt vorgenommen wird. Die dafür einschlägige Norm muss öffentlich-rechtlicher Natur sein.

2. Gründung, Übernahme oder Beteiligung an Unternehmen.
Wenn die Kommune außerhalb der Hoheitsverwaltung tätig werden will, hat dies in Form eines Wirtschaftsunternehmens zu erfolgen. Insofern sieht der Gesetzgeber vor, dass die Gemeinde wirtschaftliche Betätigung in - wie auch immer geartete - Unternehmen "verpackt". Demzufolge müssen (und dürfen) dafür Unternehmen gegründet oder in anderer Form durch die Kommune beherrscht - und folgerichtig dann durch die Kommune betrieben werden.
Davon erfasst sind auch wesentliche Erweiterungen der Tätigkeit derartiger Unternehmen.

Sofern die §§ 71 ff. ThürKO anwendbar sind, ist die Betätigung der Gemeinde unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

B. Zulässige Rechtsform
Gem. § 71 Abs. 1 ThürKO
  • Eigenbetrieb,
sind zwar öffentlich-rechtliche Organisationsformen, aber rechtlich unselbständig
  • kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts
Selbständige juristische Person des öffentlichen Rechts
Unterscheidung zur GmbH: Landesrecht und verankerte Rechtsaufsicht bleiben in Geltung
  • Rechtsform des Privatrechts (Handelsgesellschaft)
Privatrechtliche Organisationsformen GmbH, GmbH & Co.KG, AG
In Thüringen darf auch die AG als Gründungsform gewählt werden, es sind keine Einschränkungen vorhanden.
Bei den Privatrechtsformen muss § 73 ThürKO beachtet werden. Hier insbesondere die Genehmigungspflicht gem. § 73 Absatz 1 Satz 4 ThürKO und der angemessene Einfluss des Aufsichtsrates, siehe § 73 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ThürKO. Desweiteren die Haftungsbegrenzung gem. § 73 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 ThürKO


C. Voraussetzungen des § 71 Abs. 2 ThürKO - insb. Schrankentrias


1. Öffentlicher Zweck, Nr. 1
Die Gemeinde darf ein wirtschaftliches Unternehmen gründen und betreiben, wenn
    • ein öffentlicher Zweck besteht,
    • die Gemeinde diesen Zweck mit dem Unternehmen / dessen Betrieb verfolgt,
    • der öffentliche Zweck rechtfertigt auch die Beteiligung an / Gründung des Unternehmens
In § 2 ThürKO sind die Aufgaben der Kommune erfasst - insb. Energieversorgung gehört zu den Aufgaben der Gemeinde.

Der Staat darf nicht zum Selbstzweck tätig werden, die Tätigkeit muss sich am Gemeinwohl ausrichten Die Vorschrift soll zum Schutz der Kommunen vor wirtschaftlicher Überforderung dienen. Der Streit in der Literatur konzentriert sich auf die Frage der Gewinnerzielungsabsicht. Dennoch ist es der kommunalen Wirtschaft nicht verboten, mit Gewinnerzielung zu agieren. Aber die kommunalrechtlichen Vorschriften verlangen Sparsamen und wirtschaftlichen Haushalt. Die bloße Gewinnerzielungsabsicht erfüllt den öffentlichen Zweck nicht. Die Leistung des Unternehmens muss vorrangig zur Erfüllung des öffentlichen Zwecks dienen, die Gewinnerzielungsabsicht darf dabei nicht der Hauptzweck sein. Öffentlicher Zweck und Öffentlichkeitsgrundsatz: die Gemeinde darf nicht aufgrund eigener Bedürfnisse handeln, sondern aufgrund der Bedürfnisse der Gemeinschaft


2. Verhältnis zur Leistungsfähigkeit, Nr. 2
Die Gemeinde darf sich wirtschaftlich nur dann und nur in einem Umfang betätigen, wenn diese wirtschaftliche Tätigkeit im Verhältnis zu ihrer Leistungsfähigkeit angemessen ist. Zu beachten sind dabei insbesondere ihre Größe und Finanzkraft!
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gem. § 75 Abs. 1 ThürKO die kommunalen Wirtschaftsunternehmen auch einen Ertrag erwirtschaften sollen. Dies ist allerdings keine zwingende Voraussetzung der wirtschaftlichen Betätigung. Es hat allerdings Einfluss auf die Bewertung der Frage, ob die Leistungsfähigkeit der Gemeinde überstrapaziert wird.

Schwieriges Bewertungskriterium, da es von einem Dritten schlecht geprüft werden kann. Dieses Kriterium kann nur von Gerichten nachgeprüft werden.
Um die Leistungsfähigkeit zu beurteilen sollte die Gemeinde eine Prognose aufstellen die den voraussichtlichen Bedarf aufzeigt. Nachgewiesen werden muss, das tatsächlich ein Bedarf besteht und die Leistungsfähigkeit nicht überfordert wird. Es darf keine gefährdete Inanspruchnahme des kommunalen Haushalts durch eine unwirtschaftliche Unternehmensstrategie erfolgen. Die Gemeindeprognose muss lediglich den bedarf der Gemeinde berücksichtigen, den die Gemeinde im Rahmen Ihre Zuständigkeitsbereiches abdecken darf. Somit muss das Örtlichkeitsprinzip beachtet werden.


3. Subsidiarität, Nr. 4
Subsidiarität bedeutet, dass die Gemeinden nur ein wirtschaftliches Unternehmen errichten dürfen, wenn der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden könnte.

In der ThürKO findet die Subsidiaritätsklausel auf kommunale Energieversorgungsunternehmen grundsätzlich keine Anwendung, § 71 Absatz 2 Nummer 4 2 Satz ThürKO. Die Prüfung entfällt insofern bei dieser Form der Daseinsvorsorge. Diese Befreiung ist allerdings kein Freischein - wenn kommunale Unternehmen verbundene Dienstleistungen anbieten wollen, greift die Klausel wieder!
Wenn die Klausel greift, ist u. U. ein Markterkundungsverfahren erforderlich. Sofern sich daraus ergibt, dass lokale Betriebe beeinträchtigt würden, dann darf die Tätigkeit nicht durch die Gemeinde ausgeübt werden.

D. Keine Schädigung der örtlichen Unternehmen
Die Beteiligung, Übernahme oder Gründung der Kommune darf nicht andere örtliche Unternehmen schädigen. Diese Voraussetzung knüpft an das Wettbewerbsrecht an. Anhaltspunkte dafür könnten folgende Kriterien liefern:
  • Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen sind viel günstiger als die der bestehenden Unternehmen
  • Verhaltensweisen die gegen den Wettbewerb verstoßen
Eventuelle Verstöße können nach Aussage der Kommentatoren zur ThürKO auch auf dem Verwaltungsrechtsweg geahndet werden. Offen bleibt, mit welchem Klageziel.


E. Örtlichkeitsgrundsatz gewahrt, § 71 Abs. 5 ThürKO
Gem. § 71 V ThürKO hat sich die Kommune bei wirtschaftlicher Betätigung grundsätzlich an ihrem Gemeindegebiet zu orientieren. Der Grundsatz lässt sich bereits aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ableiten.
Der Örtlichkeitsgrundsatz muss allerdings nicht ausschließlich territorial gesehen werden. Der Örtlichkeitsgrundsatz wird erfüllt, wenn die Angelegenheit in der örtlichen Gemeinschaft einen Bezug hat oder dort wurzelt. Entscheidend ist also die Rückführbarkeit der Betätigung auf die Wahrnehmung örtlicher Belange. Die wirtschaftliche Betätigung über die Gemeindegrenzen hinaus ist jedoch nur im Ausnahmefall gerechtfertigt. Es sollten triftige Gründe dafür vorliegen.
Gem. § 71 Abs. 5 ThürKO gilt die sog. "Außerörtlichkeitsklausel". Daraus folgen einige Zusatzvoraussetzungen für den Fall, dass Gemeindegrenzen überschritten werden:
  • Genehmigung bzw. Anzeige gem. § 71 Abs. 5 ThürKO,
  • Interessen der anderen beteiligten Gemeinden werden berücksichtigt.



Zu beachten ist, dass die Aufnahme (etc.) der Tätigkeit i. S. d. § 71 ThürKO einer Anzeige gem. § 72 Abs. 1 ThürKO bedarf.
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