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Independent Transmission Operator (ITO)


A. Begriff

Unter der Abkürzung ITO wird nach dem Erwägungsgrund 19 der Strombinnenmarktrichtlinie 2009/72/EG der unabhängige Übertragungsnetzbetreiber verstanden. Die Bestimmungen hinsichtlich des ITO ergeben sich für den Stromsektor aus Art. 17 ff. RL/2009/72/EG. Für den Gasbereich treffen die Art. 14 RL/2009/73 EG entsprechende Regelungen.

Der deutsche Gesetzgeber setzte diese in § 10 EnWG und die besonderen Anforderungen in den § 10a EnWG bis § 10e EnWG um. Entsprechend § 10 Abs. 1 S. 1 EnWG können vertikal, integrieten Energieversorgungsunternehmen einen ITO bestimmen, wenn sich das Transportnetz am 3. September 2009 im Eigentum eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen befand. Ebenso wie beim ISO bleibt das vertikal, integrierte Energieversorgungsunternehmen privatrechtlicher Eigentümer des Transportnetzes. Doch unterscheiden sich diese beiden Systeme dadurch, dass der Netzbetrieb beim ITO immer noch durch den Konzernverbund durchgeführt werden kann.

B. Aufgaben und Pflichten im Überblick

Wird dieses System gewählt, so ist das vertikal, integrierte Energieversorgungsunternehmen nach § 10 Abs. 2 EnWG verpflichtet, den Transportnetzbtreiber in einer von sich getrennten Gesellschaft, durch eine nach Artikel 1 der Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. L 258 vom 1.10.2009, S. 11) zulässigen Rechtsformen zu organisieren. Auch sind die ursprünglichen Aufgaben des Netzbetriebes auf diesen zu übertragen. Zudem enthält § 10 Abs. 1 S. 2 EnWG weitere Bereiche, in denen der ITO verantwortlich sein soll. Hiervon werden im Einzelnen folgende umfasst:

  • Vertretung gegenüber Dritten und der Regulierungsbehörde (Nr. 1)
  • Vertretung innerhalb des Europäischen Verbunds der Übertragungs- oder Fernleitungsnetzbetreiber (Nr. 2)
  • die Erhebung aller transportnetzbezogenen Entgelte, inklusive der Netzentgelte und eventuell entstandener Entgelte für Hilfsdienste, besonderes für Gasaufbereitung (Nr. 3 1. HS)
  • die Beschaffung oder die zur Verfügungstellung von Ausgleichs- oder Verlustenergie (Nr. 3 1. HS)
  • die Einrichtung und den Unterhalt solcher Einrichtungen, die üblicherweise für mehrere Teile des vertikal integrierten Unternehmens tätig wären, insbesondere eine eigene Rechtsabteilung und getrennte Buchhaltung als auch die Betreuung der beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber vorhandenen IT-Infrastruktur (Nr. 4)
  • die Gründung von geeigneten Gemeinschaftsunternehmen, auch mit anderen Transportnetzbetreibern, mit Energiebörsen und anderen relevanten Akteuren, mit dem Ziel die Entwicklung von regionalen Strom- oder Gasmärkten zu fördern, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten oder den Prozess der Liberalisierung der Energiemärkte zu erleichtern (Nr. 5)

C. Die einzelnen Anforderungen nach den § 10a EnWG - § 10e EnWG

Die einzelnen im Weiteren näher erläuternden Anforderungen müssen vom vertikal, integrierten Energieversorgungsunternehmen i.S.d. § 3 Nr. 38 EnWG erfüllt werden. Deren Erfüllung dient dazu, dass die Unabhängigkeit der mit ihnen verbundenen Transportnetzbetreibern bezüglich dessen Struktur, seiner Entscheidungsunabhängigkeit und bzgl. des Transportnetzbetriebs entsprechend den § 10a EnWG - § 10e EnWG sichergestellt wird.

1. Ausgestaltung des ITO

Hinsichtlich der Ausstattung des ITO schreibt § 10a Abs. 1 S. 1 EnWG vor, dass die unabhängigen Transportnetzbetreiber über die finanziellen, technischen, materiellen und personellen Mittel verfügen müssen, welche zur Erledigung der Pflichten aus diesem Gesetz und für den Transportnetzbetrieb erforderlich sind. Ergänzend hierzu haben unabhängige Transportnetzbetreiber nach § 10a Abs. 1 S. 2 EnWG, unmittelbar oder vermittelt durch Beteiligungen, Eigentümer an allen für den Transportnetzbetrieb erforderlichen Vermögenswerten, einschließlich des Transportnetzes, zu sein.

Im Zusammenhang mit dem Personal des ITO bestimmt § 10a Abs. 2 S. 1 EnWG, dass diese nicht in anderen Gesellschaften des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens oder deren Tochtergesellschaften angestellt sind. Dieses Verbot wird durch S. 2 dahingehend erweitert, dass weder zwischen dem ITO und dem vertikal, integrierten Energieversorgungsunternehmen, noch umgekehrt Arbeitnehmerüberlassungen erfolgen dürfen.

Hiervon abzugrenzen ist das Erbringen von Dienstleistungen. Für diesen Fall sieht § 10a Abs. 3 S. 1 EnWG vor, dass das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen oder eines seiner Tochterunternehmen die Erbringung von Dienstleistungen durch eigene oder in seinem Auftrag handelnde Personen für den unabhängigen Transportnetzbetreiber zu unterlassen hat. Umgekehrt ist eine Erbringung von Dienstleistungen dann möglich, wenn die Voraussetzungen des Abs. 3 S. 2 Nr. 1- 3 EnWG vorliegen.

Ferner hat der ITO nach § 10a Abs. 4 EnWG hinsichtlich seiner Firma, seiner Kommunikation mit Dritten sowie seiner Markenpolitik und Geschäftsräume eine Verwechslung mit dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen oder einem seiner Tochterunternehmen zu vermeiden.

Auch ist es dem ITO nach § 10a Abs. 5 EnWG nicht die gemeinsame Nutzung von Anwendungssystemen der Informationstechnologie mit dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen unterlassen, soweit diese Anwendungen der Informationstechnologie auf die unternehmerischen Besonderheiten des unabhängigen Transportnetzbetreibers oder des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens angepasst wurden. Dasselbe gilt auch für die gemeinsame Verwendung der Infrastruktur der Informationstechnologie. Hiervon ist es möglich abzuweichen, wenn diese sich physisch außerhalb der Geschäftsräume des unabhängigen Transportnetzbetreibers und des vertikal integrierten Unternehmens befindet sowie von einem Dritten zur Verfügung gestellt und betrieben wird.

Ergänzend hierzu ist es dem ITO und den Wettbewerbssektoren gem.§ 10a Abs. 6 EnWG nicht gestattet, Büro- und Verkaufräume zusammen zu benutzen. Mit dieser Regelung wird einerseits das Ziel verfolgt, eine selbstständige Unternehmenspersönlichkeit gem. den europarechtlichen Bestimmungen des Art. 17 RL/2009/72/EG oder RL/2009/73/EG zu erreichen. Anderseits soll hierdurch ein diskriminierender Informationsaustausch im Verhältnis des ITO und der anderen Wettbewerbssektoren beeinträchtigt werden.

Schließlich ist der ITO gem. § 10a Abs. 7 EnWG dazu verpflichtet, seine Rechnungslegung durch andere Abschlussprüfer erledigen zu lassen. Andere Abschlussprüfer sind alle, welche dies nich beim vertikal, integrierten Energieversorgungsunternehmen tun.

2. Rechte und Pflichten

Zudem ist das vertikal, integrierte Energieversorgungsunternehmen verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass der sich noch im Konzernverbund befindende ITO die Erfüllung der ihm nach § 10 Abs. 1 S. 2 EnWG auferlegten Aufgaben vollziehen kann. Dies hat ohne Beeinflussung durch andere Wettbewerbssektoren (Erzeugung/Gewinnung oder Verkauf/Vertrieb) zu erfolgen. Demzufolge bestimmt § 10b Abs. 1 EnWG, dass der ITO wirksame Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich der für den Betrieb, die Wartung und den Ausbau des Netzes erforderlichen Vermögenswerte des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens besitzen muss. Ebenso sind diese innerhalb der Bestimmungen dieses Gesetzes unabhängig von der Leitung und den anderen betrieblichen Einrichtungen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens aus zu üben. Speziell muss dem ITO das Recht eingeräumt werden, sich zusätzliche Finanzmittel auf dem Kapitalmarkt durch Aufnahme von Darlehen oder durch eine Kapitalerhöhung zu beschaffen. Dies wird nach § 10 Abs. 1 S. 3 EnWG durch den vom Aufsichtsrat beschlossenen Finanzplan beschränkt.

Zusätzlich regelt § 10b Abs. 2 EnWG das Verbot der Beeinflussung des operativen Geschäfts sowie der Arbeiten zur Erarbeitung des Netzentwicklungsplans gem. §§ 12a ff. EnWG. Auch ist es gem. § 10b Abs. 3 EnWG Gesellschaften des vertikal, integrierten Energieversorgungsunternehmenes untersagt, Anteile an dem ITO zu halten. Dies gilt auch für den umgekehrten Fall.

Darüber hinaus hat der unabhängige Transportnetzbetreiber nach § 10b Abs. 4 EnWG sicherzustellen, dass er jederzeit über die notwendigen Mittel für die Errichtung, den Betrieb und den Erhalt eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Transportnetzes verfügt.

Nach § 10b Abs. 5 EnWG sind das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und der unabhängige Transportnetzbetreiber verpflichtet, bei zwischen ihnen bestehenden kommerziellen und finanziellen Beziehungen, einschließlich der Gewährung von Krediten an das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen durch den unabhängigen Transportnetzbetreiber, die marktüblichen Bedingungen einzuhalten. In diesem Zusammenhang ist nur der Transportnetzbetreiber zusätzlich verpflichtet, alle kommerziellen oder finanziellen Vereinbarungen mit dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen der Regulierungsbehörde in der Zertifizierung zur Genehmigung vorzulegen. Gleichzeitig hat der unabhängige Transportnetzbetreiber diese kommerziellen und finanziellen Beziehungen mit dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen umfassend zu dokumentieren Ebenso ist die Dokumentation der Regulierungsbehörde auf Verlangen zur Verfügung zu stellen.

3. Unabhängigkeit des Personals und der Unternehmensleitung

Die Unabhängigkeit des ITO wird von der beruflichen Handlungsunabhängigkeit des Management berührt. Damit dies sichergestellt werden kann, ist erforderlich, dass der ITO der Regulierungsbehörde unverzüglich die Ernennung, Bestätigung und Abberufung derjenigen Personen der obersten Unternehmensleitung, welche durch den Aufsichtsrat bestimmt wurden, mitteilt. Für den Fall der Ernennung/Bestätigung sind die getroffenen Bestimmungen bezüglich:

  • der Funktion,
  • Vertragslaufzeit und - bedingungen mitzuteilen

Hingegen werden bei der Abberufung die Gründe mitgeteilt. Auch darf die Mehrheit der Angehörigen der Unternehmensleitung nach § 10c Abs. 2 EnWG während der letzten drei Jahren seit ihrer Berufung keine Interessen- bzw. Geschäftsverhältnisse zu Gesellschaften aus anderen Wettbewerbsbereichen unterhalten. Für die restlichen Personen der Unternehmensleitung gilt eine colling-on-Frist von sechs Monaten vor ihrer Berufung. Bei Beendigung des
Arbeitsbeziehungen gilt gem. § 10b Abs. 5 EnWG eine colling-out-Frist von vier Jahren.
Letztendlich ist es sämtlichen Beschäftigen untersagt zur selben Zeit eine Interessen- und Geschäftsverhältnis zu einer Gesellschaft des vertikal, integrierten Energieversorgungsunternehmen zu betreiben. Auch ist der Erwerb von Anteilen am vertikal, integrierten Energieversorgungsunternehmen untersagt.

4. Aufsichtsrat des ITO

Außerdem muss der ITO nach § 10d EnWG einen Aufsichtsrat vorweisen. Dieser zeichnet sich durch zwei Besonderheiten aus. Zum einem dadurch, dass dieser unabhängig besitzt sein muss. Zum anderen können diesen neben den grundlegenden, gesellschaftsrechtlichen Rechten bestimmte Recht zusätzlich übertragen werden.

5. Gleichbehandlungsprogramm und Gleichbehandlungsbeauftragter

Abschließend sieht § 10e EnWG vor, dass der ITO ein Gleichbehandlungsprogramm gegenüber den Mitarbeitern bekannt zu geben und der Regulierungsbehörde vorzulegen hat. Dieses Programm bestimmt Pflichten der Mitarbeiter und mögliche Sanktionen. Das Befolgen dieses Gleichbehandlungsprogramms erfolgt gem. § 10e Abs. 2 EnWG durch den Gleichstellungsbeauftragten.


Quellen: König/Kühling/Rasbach, Energierecht, Kap. 5, Rn. 114 - 136.; de Wyl/Finke: in Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 4, Rn. 233 - 236.




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